Das Energiegesetz verfehlt das Ziel
Am 21. Mai stimmen wir über das neue Energiegesetz ab. Die im Wirtschaftskomitee gegen das Energiegesetz versammelten Unternehmerinnen und Unternehmer, Firmen sowie Verbände sind sich einig: Das Energiegesetz verfehlt das Ziel und gefährdet die Versorgungssicherheit. Es setzt auf eine unnötige Ausdehnung der Förderung einzelner Technologien mittels Subventionen und verkauft den Stimmberechtigten die Katze im Sack.
Deshalb empfehlen wir, die Vorlage abzulehnen.
Stromversorgung im Winter unsicher
Sichere Stromversorgung in Gefahr
Das Energiegesetz gibt keine Antwort, wie sich die Schweiz künftig im Winter mit Strom versorgen kann. Mit dem schrittweisen Wegfall der Kernkraftwerke verliert die Schweiz Produktionskapazitäten für Strom. Diese müssen irgendwie ersetzt werden. Das Energiegesetz will dafür einzelne Produktionsarten durch Abgaben der Stromkonsumentinnen und -konsumenten noch stärker subventionieren, vor allem die Stromerzeugung aus Sonne und Wind. Das wird aber niemals genügen, um die ganze Schweiz im Winter mit Strom zu versorgen, weil beispielsweise der vor allem im Sommer anfallende Solarstrom nicht saisonal gespeichert werden kann. Von September bis April wäre die Schweiz auf teilweise massive Stromimporte aus dem Ausland angewiesen. Solche Importe können aber je länger je weniger garantiert werden, denn Frankreich und Deutschland werden ab Mitte der 2020er-Jahre nicht mehr jederzeit Strom exportieren können. Das Energiegesetz kümmert sich schlicht nicht um dieses Problem.
«Für Schweizer Unternehmen ist Versorgungssicherheit zentral. Das Energiegesetz gibt keine Antwort, wie sich die Schweiz in Zukunft im Winter mit Strom versorgen kann. Deshalb lehnen wir es ab.»
Hans Hess, Unternehmer und Präsident SwissmemFalsche Förderung
Teure Subventionen für Strom zur falschen Zeit
Mit dem neuen Energiegesetz steigen die Subventionen für erneuerbare Energien gegenüber heute um weitere 350 Millionen Franken jährlich auf rund eine Milliarde Franken pro Jahr. Gerade für KMU steigen damit die Stromkosten weiter an. In einem ohnehin schon starken Wettbewerb erleiden sie Nachteile, die nicht einfach kompensiert oder an die Kunden weitergegeben werden können. Das Energiegesetz setzt damit auf Subventionen und auf den Staat, anstatt auf den freien Markt. Die Schweiz ist damit drauf und dran, die gleichen Fehler zu begehen wie Deutschland: Man will mit noch höheren Abgaben der Stromkonsumenten erneuerbare Energien subventionieren. Der vor allem aus Photovoltaik gewonnene Strom fällt aber genau dann an, wenn er in Europa (als Folge der «solaren Anbauschlacht» in Deutschland) ohnehin schon im Überfluss vorhanden ist. Auch die Zusatzförderung für die Wasserkraft, die die Energiestrategie vorsieht, kann dieses Problem nicht lösen. Strom aus Sonne und Wind wird dagegen auch ohne Subventionen immer attraktiver.
«Das Energiegesetz bedeutet für Wirtschaft und Gewerbe massive Kostensteigerungen. Damit wird die Konkurrenzfähigkeit weiter geschwächt. Dazu sagen wir Nein.»
Casimir Platzer, Hotelier und Präsident GastroSuisseFragwürdige Ziele
Den Stimmberechtigten wird die Katze im Sack verkauft
Gemäss dem Energiegesetz soll der durchschnittliche Stromverbrauch bis 2035 pro Person und Jahr um 13 Prozent und der gesamte Energieverbrauch um 43 Prozent sinken (gegenüber dem Jahr 2000). Es lässt die Stimmberechtigten aber im Dunkeln darüber, wie diese Senkung genau erreicht werden soll. Ein abnehmender Strombedarf widerspricht auch jeglicher Logik: Auch wenn die Energieeffizienz immer weiter steigt, brauchen der Ersatz fossiler Brenn- und Treibstoffe (Wärmepumpen statt Heizöl, Elektromobilität), die Digitalisierung und Automatisierung mehr Strom, nicht weniger. Wie und zu welchen Kosten der Bund die Senkungsziele erreichen will, steht aber heute in den Sternen. Es drohen massive staatliche Eingriffe mit neuen Gesetzen, Regulierungen bis ins letzte Detail und zusätzlicher Bürokratie. Eine Vorlage, welche der Bevölkerung und den Unternehmen nicht mal in Ansätzen aufzeigen kann, mit welchen Massnahmen und Kostenfolgen zu rechnen ist, ist nicht unterstützungswürdig und muss deshalb abgelehnt werden.
«Das Energiegesetz enthält unrealistische Ziele zur Senkung des Energieverbrauchs. Wie man das erreichen will, ist völlig unklar. Für uns geht diese Strategie nicht auf.»
Gian-Luca Lardi, Bauunternehmer und Zentralpräsident Schweizerischer BaumeisterverbandWie weiter nach der Ablehnung?
Chance für eine bessere Energiestrategie – und heute nur machen, was sinnvoll ist
Eine Ablehnung des Energiegesetzes wäre kein Weltuntergang, wie ihn die Befürworter der Vorlage an die Wand malen. Im Gegenteil, die Schweiz unternimmt heute schon sehr viel für den Wandel. Denn alles, was man heute sinnvoll machen kann, machen wir bereits. Erstens, das CO2-Gesetz wird revidiert und führt damit die erfolgreiche Schweizer Klimapolitik auch nach 2020 weiter. Zweitens, das Stromversorgungsgesetz wird ebenfalls revidiert, da geht es um das künftige Strommarktdesign. Drittens, es liegt eine Netzstrategie vor, um das Stromnetz für die Zukunft fit zu machen. Viertens, wir forschen in alle Himmelsrichtungen, was die Stromerzeugung, –übertragung und –speicherung anbelangt. Mehr darf und sollte man im Moment vernünftigerweise nicht tun.
Insbesondere würde ein Nein zum Energiegesetz das Tor zu einer besseren Energiestrategie für die Schweiz öffnen. Mit einer solchen müssten wir vor allem eine überzeugende Antwort finden, wie die wegfallenden Produktionskapazitäten zu jeder Jahreszeit zu ersetzen sind. Und solange diese Antwort nicht vorliegt, sollte auch nichts voreilig entschieden werden. Eine neue Energiestrategie müsste auf der Schaffung besserer Marktbedingungen und damit dem offenen Strommarkt für alle basieren. Sie müsste Anreize für eine bedarfsgerechte Stromproduktion und –speicherung setzen und sich stärker auf die Ausschöpfung wirtschaftlicher Effizienzpotenziale konzentrieren, anstatt einzelne Produktionsarten zu subventionieren. Und sie müsste die Frage klären, inwiefern die Schweiz mit der EU auch in Zukunft zuverlässigen Stromhandel betreiben kann. Da die Kernkraftwerke am Netz bleiben, solange sie sicher betrieben werden können, bleibt noch Zeit, um eine bessere und nachhaltigere Strategie zu entwickeln.